| Der verhinderte Detektiv Fröstelnd stellte der Rentner Ulrich Dering den Kragen seiner Jacke auf. Zwei Stunden war er mit seinem Schäferhund auf dieser wenig befahrenen Landstraße spazieren gegangen. Bald würde er den Parkplatz sehen können, auf dem er sein Auto abgestellt hatte, da fiel ihm das dunkelblaue Auto am Straßenrand auf. Vorhin hatte es noch nicht hier gestanden. Fremde fuhren selten auf dieser Straße. Vielleicht wollte der Fahrer hier unbeobachtet Abfall in den Straßengraben werfen. Dering schritt langsam näher. Er wunderte sich. Das Auto war von der Straße abgekommen und stand fast im flachen Graben. War es ein Unfall, wo waren die Insassen? Es war niemand zu entdecken. Gewiß hatte sie ein Krankenwagen bereits abtransportiert. Dering wollte sich das Ganze aus der Nähe ansehen. Die Beifahrertür stand offen. Vielleicht saß ein Pärchen im Gras und schmuste. Ein leichter Regen fiel aus den grauen Wolken. Da würde auch dem verliebtesten Paar nicht nach Kuscheln zu Mute sein. Oder? Dering fielen die Morgennachrichten ein. Eine Bank in der Nähe war überfallen worden. Sechzigtausend Mark waren die Beute gewesen. Die Täter flüchteten in einem dunklen Auto, auch die Automarke war genannt worden. Könnte es nicht dieses sein? Ein Komplize hatte die Räuber hier in einem anderen Auto erwartet. Dering schüttelte den Kopf. Nein, mit diesem alten Schlitten wären die Verbrecher bei ihrer Flucht nicht der Polizei entkommen. Beulen und Lackkratzer bewiesen, daß das Auto viele stürmische Fahrten hinter sich hatte. Ja, das wird es sein! Das Auto mußte zum TÜV. Es war bestimmt vieles nicht Ordnung. Einen Kat besaß es auch nicht. Eine Reparatur lohnte sich kaum und bestimmt überstieg sie den Geldbeutel des Besitzers. Aber, so fand Dering, es war eine Unverschämtheit, diese Rostbeule einfach am Straßenrand stehen zu lassen. Von Umweltverschmutzung hatte der Besitzer wohl noch nie etwas gehört, jedoch die Polizei würde sehr schnell den Besitzer ausfindig machen. Dann konnte der aber mit einer saftigen Strafe rechnen und die Abschleppkosten wären auch nicht ohne. 'Das ist dem ganz recht!' dachte Dering schadenfroh. Nach einem Blick in den Wagen stellte Dering fest, daß das Innere dem Äußeren entsprach. Der Aschenbecher quoll von Zigarettenkippen über. Auf der Rückbank lagen Schuhe, Socken, eine ausgefranste Decke, ein Schlafsack und ein - mhm, mhm - ein schwarzes Spitzenhöschen! Was für ein Gammler fuhr das Auto? Vielleicht lag auch Rauschgift im Wagen. Das beste war, er würde gleich zur Polizei fahren. Während sich in Derings Kopf die Gedanken überschlugen, was es mit diesem verlassenen Auto auf sich hatte, hörte er jemanden singen. Ein Mann kam anmarschiert. Oder war es eine Frau? Eine verrückte Zeit heute. Der da trug zwar Jeans und Tennisschuhe, hatte aber langes blondes Haar. Früher wußte man gleich, ob es ein Mann oder eine Frau war. Der Stimme nach war es ein Mädchen. Bald sah er, daß es ein junges, sehr hübsches Mädchen war. Sie trug in der Hand einen blauen Kanister und sang: "I am walking down the street . . ." Auf die Lösung, daß das Auto nur kein Benzin haben könnte, war Dering nicht gekommen. Seine Frau würde wieder sagen: "Ulrich, du hast eine blühende Phantasie. Du machst immer aus einer Mücke einen Elefanten." Er rief den Hund zu sich, der erwartungsvoll und schwanzwedelnd vor dem Mädchen stand. Sie gefiel Samson genau so gut wie ihm selbst. Die eben gehörte Melodie vor sich hinpfeifend, marschierte Dering wohlgemut weiter. *** |