| Ausflug im Mai Werner Ranke hatte seiner Frau Doris und den Töchtern Petra und Conny versprochen: "Wenn am Sonntag die Sonne scheint, machen wir eine Radpartie." "Papa, wohin fahren wir?" fragte Petra neugierig. "Das verrate ich nicht, wir fahren ins Blaue. Oma fährt auch mit. Sie hat mir versprochen, daß sie einen großen Picknickkorb mitnehmen wird." "Oh, fein," rief Conny aus,"kommt Hasso auch mit." Die Mutter schaltete sich ein. "Nein, er läuft doch immer weg. Wenn er einen Hasen entdeckt, ist er fort. Wir können ihn bei Opa abgeben, der will nicht mit uns mitfahren. Er geht lieber angeln. Da kann er Hasso irgendwo am See anbinden. " Am Sonntagmorgen weckte strahlender Sonnenschein die beiden Mädchen. Bald stand die Familie vor dem Gartentor. Oma gab den schweren Picknickkorb ihrem Sohn, der ihn auf dem Gepäckträger befestigte. Hasso sprang aufgeregt um alle herum. Doris Ranke war überstimmt worden, Hasso sollte sich einmal richtig auslaufen dürfen. Dann stiegen sie auf die Fahrräder. Werner Ranke setzte sich an die Spitze. "Wo fährst du denn hin, hier geht es doch zum Bahnhof", Petra war enttäuscht. "Mit der Bahn! Das ist ja ätzend." "Warte doch ab, motz nicht schon wieder. Erst müssen wir mit dem Zug fahren. Hier in der Stadt kann man doch keine Radpartie unternehmen." Die Spannung wurde immer größer. Schon das Verladen der Fahrräder in den Gepäckwagen war aufregend. Der Stationsvorsteher sah ungeduldig auf die Uhr, fünf Fahrräder und ein Hund, das würde Verspätung bringen. Auf einer kleinem Bahnstation stiegen alle aus, nur wenige Häuser standen in der Nähe. Werner Ranke sah sich um. Eine schmale Straße führte durch Felder, einige waren schnurgerade umgepflügt, auf anderen war die Saat bereits aufgegangen. Auf den Wiesen leuchtete das Gelb von tausend Löwenzahnblüten. In einer Koppel weideten schwarzweiße Kühe. Hier wollte er entlang fahren, er könnte den beiden Mädchen, die in der großen Stadt kaum Bäume sahen, zeigen, wie schön jetzt im Frühling alles blühte. Aber, er ahnte, daß die Beiden das überhaupt nicht interessierte, seine Mutter, ja, die schwärmte schon seit einigen Minuten über die wunderschöne Welt. Werner Ranke dachte bei sich: 'Ja, wie lange noch?' Familie Ranke war bereits eine Stunde unterwegs. Hasso lief vor ihnen her, kein noch so verlockender Duft hatte ihn bisher auf Abwege gebracht. Ein breiter, sandiger Waldweg lud zum Abfahren von der Landstraße ein. Diesmal war es Doris Ranke die als erste abbog und die anderen zu sich winkte. Werner Ranke fuhr erleichtert hinter seiner Frau her. Hier im Wald war es schattiger, ihm war von der ungewohnten Anstrengung heiß geworden. Radfahren war er nicht gewöhnt, die Woche über saß er am Schreibtisch und für jeden seiner Wege benutzte er sein Auto. Die Laubbäume standen in hellem, jungen Grün. Der Waldboden war übersät mit blühenden Anemonen und Maiglöckchen mit weißen Blüten. Am Wegesrand leuchtete gelber Ginster. Die Kinder stiegen hin und wieder von ihren Fahrrädern, sie schüttelten junge Birkenbäume und wünschten, daß Maikäfer herunter fielen. "Warum gibt es denn keine Maikäfer mehr?" fragte Conny. Petra sagte: "Wo fahren wir denn noch hin. Ich habe großen Hunger. Hier ist es schön, hier könnten wir Picknick machen." Aber Werner Ranke meinte: "Noch ein paar Minuten, dann sind wir am Ziel und dann gibt es eine lange Pause." Der Weg führte abwärts, das Radfahren machte nun richtigen Spaß. Keine Fußgänger oder Radfahrer begegneten ihnen. Doris Ranke sagte: "Wie ist es schön und ruhig hier. Solche Ausflüge müßten wir öfter unternehmen, anstatt immer mit dem Auto auf verstopften Autobahnen herum zu kutschieren." "Ja, Doris, das machen wir, Petra und Conny sind jetzt groß genug dazu." Ein kleiner See zwischen blumenbestandenen Wiesen und weißblühenden Sträuchern tauchte auf. Ein Angler stand am Ufer. Petra jauchzte: "Ach, das ist doch bestimmt Opa. Ist er es, Papa? Oh, wie wird er sich freuen, wenn wir alle kommen." Werner Ranke lachte seine Mutter an: "Na, Oma, meinst du dein Mann freut sich wirklich, wenn wir hier auftauchen? Du bist schuld, du hast mich zu diesem Ausflug überredet." Die Mädchen klingelten stürmisch, auch die Erwachsenen ließen die Fahrradklingeln ertönen, Hasso, vom Lärm aufgeschreckt, bellte laut. Opa drehte sich um und begrüßte sie lachend. Sein Fischnetz war gefüllt, jetzt kam es ihm nicht mehr darauf an, ob ein Fisch an der Angel anbeißen würde oder nicht. Bald saßen alle am Uferrand, der Picknickkorb wurde ausgepackt. Hähnchenbraten, Eier, Salat, Brötchen und Kuchen verschwanden im Nu. Auch Hasso bekam seinen Teil ab. Werner Ranke erhob sich als erster und sagte: "Doris, jetzt gehen wir zwei ganz allein ein Stück spazieren, vielleicht bringen wir euch einen Maikäfer mit!" Er blinzelte seiner Frau zu, gab ihr schnell einen Kuß und dann verließen beide Arm in Arm die anderen. Als die Nachmittagssonne bereits lange Schatten warf, wurde alles eingepackt. Opa paßte auf, daß nichts auf dem Picknickplatz liegen blieb. Dann ging es auf den Heimweg. Das Fahrrad von Oma kam in das Auto, mit dem Opa an den See gefahren war. Petra fragte: "Kann ich nicht auch mit dem Auto mitfahren, ich bin schon so müde." "Sei still, so schlimm wird es nicht sein. Ich weiß eine Abkürzung, da werden wir ganz schnell. wieder auf dem Bahnhof sein," tröstete Werner Ranke sie. Als sie zu Hause waren, stellte Doris Ranke fest: "Ach, das war ein wunderbarer Sonntag gewesen!" *** |